Skip to main content

Wahn – „Dekanat Hümmling“

Genehmigter Auszug aus „Das Dekanat Hümmling“ von Bernhard Holtmann, Verlag Fromm, Osnabrück

Pfarrei mit 800 Seelen (1940). Der Ort besteht seit 1942 nicht mehr. Durch die an das Closter Corvey Zu leistenden Abgaben sind viele Orte auf dem Hümmling urkundlich schon früh nachweisbar. Wahn nennt sich um die Jahrtausendwende „Walinoon“ (1). Jedenfalls wird diese Bezeichnung von allen Fachleuten als Wahn gedeutet. Es bleibt aber offen, ob hier nicht eher die Bauerschaft Walchum bei Steinbild gemeint sein könnte, zumal die späteren Schreibweisen so auffallend von Walinoon abweichen.

Wahn gehörte stets zur Urpfarrei Sögel:

  • 1402 Waden in parr. Zoghele (Wahn in der Pfarrei Sögel)
  • 1410 Waden in parr. Soghele
  • 1532 Waden kspl. SogeIn (Wahn im Kirchspiel Sögel) (2)

Die Schreibart Waden läßt sich bis zum 19. Jahrhundert unverändert verfolgen (3).

Noch vor Einführung der lutherischen Lehre auf dem Hümmling (1543) stand in Wahn eine Kapelle (4). Nach dem Untergang des katholischen Glaubens wurde sie nicht mehr benutzt. Vagabunden suchten dort Unterschlupf und schlugen für den Rauchabzug eine Öffnung in die Gewölbe (5). Man darf annehmen, daß diese Kapelle um 1500 bereits stand. 1614 bereiste Generalvikar Dr. Hartmann von Münster den Hümmling, um den katholischen Glauben wieder einzuführen. Am 6. November besuchte er Sögel und Wahn. In seinem Protokoll heißt es: „In Waden eine kleine Kapelle, aber verwüstet und dem Einsturz sehr nahe. Sie könnte wiederhergestellt werden für katechetische Zwecke“ (6). Diese Kapelle soll angeblich dem hl. Valentin geweiht sein (7). Dafür gibt es aber keinerlei Beweise; vielmehr muß ein Valentins-Patrozinium sehr angezweifelt werden (8). Ein Protokoll vom Jahre 1697 besagt zudem, daß in Wahn eine St. Antonius-Kapelle stehe, die am Feste des hl. Valentin (14. Februar) geweiht worden sei (9). Eine Glocke, die dem Gotteshaus 1730 geschenkt worden war, gab in der Inschrift auch den hl. Antonius als Patron an (10). Diese erste Kapelle stand am Ortsausgang, nach Sögel zu. Der münstersche Fürstbischof, Christoph-Bernard Frhr. von Galen, hat sie 1650 wiederherrichten lassen, nachdem er sie auf einer Jagdpartie so verödet gesehen hatte. Er stiftete auch eine Glocke (11). Seit 1650 hielten die Geistlichen der Urpfarrei Söge1 wieder regelmäßig in Wahn Gottesdienste (12).

Juli 1941 Pfarrer Thomes und Bruder Thomes im Pfarrgarten zu Osnabrück-Voxtrup

Diese Antonuskapelle war 1744 endgültig unbrauchbar geworden. Fürstbischof Clemens-August von Münster, der zugleich Erzbischof und Kurfürst von Köln war, ließ nach Vollendung des Schlosses Clemenswerth im Mittelpunkt Wahns eine neue Kapelle bauen, die 1746 fertiggestellt war (13). Die Ausführung besorgte Johann-Conrad Schlaun, der berühmte Baumeister der Barockzeit. Das Kreuz des Deutschen Ordens auf dem Türmchen war ein Hinweis auf Clemens-August, den Großmeister dieses Ordens (14). Das Altargehäuse mit dem Auge Gottes und der von Engeln und Putten umgebenen Wappenkartuschen hat große Ähnlichkeit mit dem Schlaunschen Altarentwurf für die Kapuzinerkirchen in Brenschede, Kreis Meschede (15). Der Kurfürst stiftete eine weitere Glocke. Gegossen 1788 in Münster, mit einem unteren Durchmesser von 49 cm, enthielt sie die Inschrift: „Salve Regina – Mater misericordiae“ (Sei gegrüßt, du Königin, Mutter der Barmherzigkeit) (16). Die ältere, schon erwähnte Glocke wurde 1730 gegossen von Johann Schweys, Münster; sie war eine Stiftung des Pfarrers Lucas Ottig in Sögel und des Gutsherrn Bernard von Langen. Außer diesen Namen erhielt die Glocke die Inschrift: „Soli Deo gloria – Ich rufe euch alle – mit meinem Schalle – das Gott gefalle – St. Anto.nius, Abbas, Patronus“ (17). Beide Glocken wurden 1942 zu Kriegszwecken abgeliefert, kehrten aber nach Kriegsende vom Glockenfriedhof Hamburg zurück und wurden der Antoniuskirche in Lathen-Wahn gegeben, da dort viele Bewohner Wahns eine neue Heimat gefunden hatten. Die Glocke von 1788 war gesprungen und wurde 1949 neu gegossen bei Peit & Gebr. Edelbrock, Gescher. 

Sie trägt heute die Inschrift: „Regina pacis, ora pro nobis“ (Königin des Friedens, bitte für uns). Sie läutet in b“, die andere Glocke g“(18). Den Gottesdienst in der neuen Kapelle besorgten nun Kapuziner von Clemenswerth bis 1817 (19). Der Pater kam jeweils vor den Sonn- und Feiertagen und wohnte in einem Raum, der eigens hinter dem Altar eingerichtet war (20). 1817-1860 versahen die herzoglich-arenbergischen Hofkapläne den Gottesdienst, zeitweilig auch Vikare der Urpfarrei Sögel. 1860 wurde Wilhelm Albers als Vikar des Sögeler Pfarrers Altrneppen fest angestellt, so daß von nun an ein Priester in Wahn ständig residierte. Am 1. April 1869 wurde Wahn von der Muttergemeinde getrennt und zur Pfarrei erhoben (21).

Die kleine Wohnung hinter dem Altar wurde 1888 beseitigt, um Platz für einen Chorraum zu schaffen. 1920 wurde dann die Orgelbühne vergrößert, aber ein Neubau ließ sich nicht vermeiden, da die Pfarrei sehr gewachsen war. 1923, in der Inflationszeit, begann man das Unternehmen. Der Provinzialkonservator in Hannover verbot den totalen Abbruch der Schlaunschen Kapelle. So blieb ein Joch mit dem Turm erhalten. Daher wurde der Neubau auch im barocken Stil dem alten Teil angepaßt unter Leitung des Architekten Wartenberg aus Münster. In drei Tagen sammelte man 53 Kühe, 40 Rinder, 22 Kälber, 103 Ferkel, 1 Fohlen, 15 Zentner Roggen 11/2 Waggon Zement, 4 Stand Bienen, 20 Morgen Land und 25 holländische Gulden (22). Dabei hatte die Pfarrei nur etwa 800 Seelen! Da bares Geld wertlos war, wurden diese Naturalien nach Bedarf verkauft zur Begleichung der Rechnungen. Am 11. Juli 1926 benedizierte Domkapitular Karl Schmitt die neue Antoniuskirche, die dann am 26. November 1926 von Bischof Wilhelm Berning konsekriert wurde (23). 1931 folgte der Bau des Turmes mit seiner barocken Zwiebelhaube für 21800 Reichsmark. Da von den kleinen Glocken nur noch eine brauchbar war, hatte man schon vor dem Turmbau neue Glocken beschafft aus der Stahlgießerei Ulrich & Weule in Bockenem/Harz. Sie läuteten in den Tönen g‘ (850 kg), a‘ (600 kg) und h‘ 450 kg). Hochaltar, Kommunionbank und Kanzel wurden aus der Kapelle übernommen. Die Eheleute Schwake stifteten die beiden Seitenaltäre. 1939-1942 wurde Wahn wegen Erweiterung des Kruppschen Schießübungsplatzes zwangsumgesiedelt. 

St. Michael über der Kanzel befindet sich jetzt in Rastdorf

Pfarrer Reckers resignierte 1942 auf seine Pfarrstelle, deren Rechte dann auf die Neusiedlung Rastdorf / Hümmling übertragen wurden. Die Kirche und alle Gebäude des Dorfes wurden abgerissen. Pfarrer Thomes von Rulle, ein Sohn Wahns, erwarb den Hochaltar, der heute in der St.-Walburga-Kirche zu Emden steht. Die Kommunionbank und eine Madonnenfigur kamen nach Lathen-Wahn, ebenfalls die beiden kleinen Glocken. Seitenaltäre und Kanzel stehen in der Pfarrkirche Rastdorf, eine alte Josephsfigur befindet sich in Rulle (24). Die Kirchenfenster übernahm die Pfarrkirche Börger (25). Als Hinweis auf ein blühendes und gläubiges Dorf blieb nur der Kirchturm, dem man aber vorher die barocke Haube genommen hatte. Der Stumpf diente zu Beobachtungszwecken, bis er 1954 gesprengt wurde. Der Friedhof, das Kriegerdenkmal und ein Schafstall sind heute die einzigen Zeugen für das alte Wahn (26). Die Bewohner wurden an vielen Stellen angesiedelt, ein Teil suchte in der Nähe eine Bleibe, andere zogen in das Osnabrücker Land und nach Mecklenburg (27).

Die Seelsorger von Wahn:

Vikare:

  • 1490-1543 Vikare von Sögel
  • 1543-1667 kein Gottesdienst
  • 1667-1746 Vikare von Sögel
  • 1746-1769 Kapuziner von Clemenswerth (Namen sind unbekannt)
  • 1769-1772 P. Ludovicus OFMCap (Wesseling) (+ 17.8.1772 in Clemenswerth)
  • 1773-1776 P. Alannus OFMCap (Junck) (+ 16.1.1816 in Brakel)
  • 1776-1782 P. Pius ÖFMCap (Budde) (+ 8.8.1786 in Clemenswerth)
  • 1782-1788 P. Adolphus OFMCap (Gerdes) (+ 23.3.1799 oder 1800 in Münster)
  • 1788-1793 P. Chrysostomus OFMCap (Wibbers) (+ 9.8.1793 in Clemenswerth)
  • 1794-1803 P. Castus OFMCap (Holtzförster) (31.10.1817 in Coesfeld)
  • 1803-1807 P. Chrysologus OFMCap (Bank) (+ 1.11.1819 it;l Werne)
  • 1807-1817 P. Urbanus OFMCap (Homberg) (+ 12.9.1817 in Clemenswerth)

Hofkapläne:

  • 1817-1829 Korte, Joannes (+ 1883 als Pfarrer von Aschendorf und Dechant des Dekanates Emsland 11)
  • 1833-1853 Altmeppen, Henricus (+ 1870 als Pfarrer von Sögel)
  • 1853-1860 Lavarre, Joannes (+ 21.10.1890 in Clemenswerth)

Pfarrer:

  • 1860-1873 Alber, Guileemus (seit 1869 Pfarrer, + 4.1.1873 in Wahn)
  • 1873-1888 Knollmeyer, Joannes (+ 30.6.1888 in Wahn)
  • 1888-1890 Meyer, Ludovicus, Pfarrverweser (+ 24.4.1911 als Kuratus von Grafeid)
  • 1890-1894 Sanders, Bernardus (+ 8.2.1894 in Wahn)
  • 1894-1919 Barenkamp, Johannes, Dechant des Hümmlings (+ 21.3.1919 in Wahn)
  • 1919-1942 Reckers, Bernardus, päpstlicher Geheimkämmerer, Kamerar des Hümmlings, letzter Pfarrer von Wahn (emeritiert, + 30.12.1955 in Salzbergen)