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Dorfleben im Kirchenjahr

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Dann aber wurde schnell wieder Luft gepumpt, bevor ein strenges strafendes Wort um die Orgel herum ertönte. Mit allergrößter Spannung wurde „Mariä Himmelfahrt“ erwartet. Am frühen Morgen des Sonntags nach dem 15. August (früher war es am 15. August selber) waren große Scharen auf der Straße nach Sögel in Bewegung. Ehrfürchtig grüßten alle auf halbem Wege, an der Wahn-Sögeler Grenze, das Bild des hl. Antonius. Beim Eintritt in Sögel galt ebenso unser Gruß dem Standbild des hl. Josef. Auf dem großen Platz von Clemenswerth drängten sich die Massen des Hümmlinger Volkes aus allen Dörfern. Ein feierliches Amt wurde im Freien gehalten. Seit einigen Jahren kam auch unser verehrter Bischof Dr. Wilhelm Berning zu dieser Feier. Er predigte in mächtigen, begeisternden Worten zu seinen Hümmlingern. Wer dieses miterlebt und das Echo der Bischofsworte in den Gesichtern  gesehen und in den Gesängen und Gebeten gehört hat, der weiß: die Hümmlinger sind ein katholisches Volk, das fest verwurzelt ist im Glauben seiner Väter. Es folgte die stimmungsvolle Prozession durch den weiten Wald. Am Nachmittag aber war die große Kirmes. Da gab es ein jährliches „Sich wieder treffen und „Sich kennen lernen“ all der Hümmlinger. Der bekannte Heimatschriftsteller Albert Trautmann hat in seinen „Hümmlinger Skizzen“ das so fein und ergötzlich geschildert. In den einzelnen Sögeler Häusern aber ist an diesem Tage die Zahl der Besucher, der Verwandten und Bekannten, so groß, dass zur Bewirtung die große Diele mitbenutzt werden musste. Mariä Himmelfahrt war das große Volksfest der Hümmlinger. Es war zugleich ein Tag, der ein feines Zusammenklingen von Glaube und Heimat zeigte.

Alle 5 Jahre kehrte der Festtag des Bischofsbesuches und der hl. Firmung wieder. Die lange Straße vom alten Pastorat bis zur Kirche war durch die große Zahl der Bogen und der Girlanden zu einem wahren Triumphweg gestaltet. Festliche Abende tauchen in meiner Erinnerung auf: es waren Papstfeiern bei zwei Papstjubiläen. Da ging es mit brennenden Fackeln hinaus ins Freie. Während die Flammen eines hohen Holzstoßes heiß zum Himmel emporloderten, sangen wir mit warmem Herzen die Papstlieder und Treulieder unseres heiligen Glaubens. Ein Februarsonntag des Jahres 1921 ist mir persönlich unvergesslich: meine Primiz-Feier in der Heimat. Ich denke daran mit Dank an den Herrgott, der mich zum Priestertum führte, und auch mit Dank an unsern lieben Herrn Pfarrer Reckers und die ganze Heimatgemeinde, die durch die gottesdienstliche Feier mir halfen, den Dank an den lieben Gott abzustatten.

Liebe Wahner Freunde! Sind die geschilderten, zumeist kleinen Gewohnheiten nicht ziemlich belanglos? Solange wir in solchen jährlichen Bräuchen stehen, erscheinen sie uns selbstverständlich. Wenn uns aber eine Zeitspanne von ihnen trennt, wenn ihr vielleicht jahrelang in eurer neuen Heimat ohne diese Bräuche lebt und die Erinnerung an an diese Dinge auftaucht, dann wird uns der tiefe Sinn und Wert solcher Gewohnheiten klarer: dass sie geboren sind zumeist aus dem christlichen Glauben und dass solche Bräuche zumeist ein Mitwandern mit dem Kirchenjahr bedeuten, dass sie wie grünende Ranken schmückend sich um die großen christlichen Geheimnisse legen, dass das innere gläubige Erleben des katholischen Christen in den Bräuchen der Großen und den Spielen der Kleinen weiterklingt, dass solches Brauchtum wert ist, dass wir es auch in der neuen Heimat möglichst weiterpfIegen, wenigstens aber den Kindern und Kindeskindern mit Liebe davon erzählen!

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